Alkohol ist ein Filter, der dir deine Gefühle raubt.
- Fredyflex
- vor 2 Tagen
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Aktualisiert: vor 18 Stunden

Vor zehn Jahren habe ich aufgehört, Alkohol zu trinken. Einfach so? Nein.Ich hatte vorher fünf Jahre in einer Bierbrauerei gearbeitet und schon davor immer zu viel getrunken. Als mein Arzt meinte, meine Leberwerte seien für mein Alter schon eher zu hoch, nahm ich das zunächst auf die leichte Schulter. Ich spürte aber schon lange, dass es Zeit für eine längere Pause war. Ganz aufzuhören war für mich unvorstellbar.
Meine Abstürze wurden immer heftiger und peinlicher. Ich war zwar friedlich, wenn ich betrunken war, aber oft wusste ich am nächsten Tag nicht mehr, mit wem ich gesprochen hatte oder was passiert war. Man erzählte mir, ich hätte mich bis auf die Unterhose ausgezogen und getanzt – ich wusste nicht, ob das stimmte. Ich konnte mich oft an nichts mehr erinnern.
Als mir ein guter Freund erzählte, dass er ein Jahr keinen Alkohol trinken werde, konnte ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Aber er zog es durch. Als ich meinen Job in der Brauerei kündigte, wusste ich, dass ich es ihm gleich tun würde. Ich beschloss, meinem Körper Raum zu geben: ein Jahr lang keinen Alkohol. Danach, dachte ich, kann ich ja wieder anfangen.
Heute ist das wie ein Spiel: Ich könnte jederzeit wieder trinken, wenn ich wollte. Aber das Leben ohne Alkohol ist so viel schöner und freier, dass ich wahrscheinlich nie wieder damit anfangen werde. Ich wusste schon nach kurzer Zeit, dass es die richtige Entscheidung war.Dieses Gefühl, nüchtern und klar im Kopf aufzuwachen, war eine echte Befreiung: kein Kater, kein schlechtes Gewissen, kein Filmriss, keine Kopfschmerzen, kein trockener Mundgeruch. Einfach aufstehen und sich über den neuen Tag freuen.
Auch nach zehn Jahren ist Alkohol jede Woche ein Thema. Alkohol ist die Volksdroge Nummer 1. In unserer Gesellschaft gehört er einfach dazu. Mit Wasser auf einen schönen Moment anzustoßen, gibt der Situation oft einen faden Beigeschmack. Um Alkohol wurde ein solcher Kult aufgebaut, dass es immer einen Grund gibt, zu trinken. Nicht mitzumachen wird selten gern gesehen. Da bleibt am Schluss jemand nüchtern sitzen, der sich an alles erinnert – und das mag man nicht.
Dazu kommt, dass viele sich unwohl fühlen, weil sie eigentlich wissen, dass sie weniger trinken sollten. Ich höre von fast jedem: „Ich habe kein Problem mit Alkohol – ja, ich weiß, ich sollte eigentlich weniger trinken. Aber ...“
Und in diesem ABER liegt oft das Problem:
❌ Es gibt keine gesunde Menge Alkohol.
❌ Alkohol ist ein soziales Schmiermittel, eine schnelle Lösung für ein komplexes Problem – und schnelle Lösungen für komplexe Probleme bringen immer noch mehr Probleme.
❌ Alkohol raubt dir die Chance, seine vermeintlich positiven Effekte nüchtern zu erlernen.
❌ Alkohol ist ein Filter, eine Maske. Je öfter du trinkst, desto mehr wirst du zu dieser Maske – und desto weniger bist du du selbst.
❌ Alkohol trinken ist selbstverletzendes Verhalten.
❌ Alkohol macht nicht glücklich.
❌ Alkohol entfremdet dich von dir selbst.
❌ Alkohol zerstört Beziehungen, Familien und Freundschaften.
❌ Alkohol macht dich zu einem anderen Menschen.
❌ Alkohol ist schon gar nicht dein Freund!
Für mich war klar: Es ist viel einfacher, gar nicht zu trinken, als „nur ein Bier“. Ich habe nie nur ein Bier getrunken, schon gar nicht in Gruppen. Da gab es so viele Runden, wie die Gruppe groß war, Shots dazwischen, und irgendwann wurde aus Bier harter Alkohol. Oft endete der Abend mit einem Filmriss.
Es hat etwa ein Jahr gedauert, bis ich alle Partys und Feste, bei denen ich früher getrunken hatte, einmal ohne Alkohol erlebt hatte. Immer wieder musste ich erklären, warum ich auch heute keine Ausnahme mache. Es gibt so viele Argumente, um Alkohol zu trinken: „So jung kommen wir nie mehr zusammen.“ – „Ohne Alkohol wäre Kolumbus nie nach Amerika gesegelt.“ – „Ein kleiner Absacker hat noch nie geschadet.“ – „Das habe ich mir verdient.“
Die meisten haben positiv reagiert, wenn sie gemerkt haben, dass ich nicht nachgebe, auch wenn sie sich selbst ein Leben ohne Alkohol nicht vorstellen konnten. Lustigerweise sind das oft dieselben, die Drogen im Allgemeinen strikt ablehnen.
Es gibt eine Handvoll Menschen, die das bis heute nicht akzeptieren können oder sich darüber lustig machen. Da kommen Sprüche wie: „Mit dir macht es keinen Spaß mehr.“ – „Wie lange musst du uns noch beweisen, dass du gut bist?“ – „Mit dir kann man ja kein Geld verdienen.“ – „Was, kein Alkohol? Du bist so langweilig.“
Bei besonders anstrengenden Menschen, die meinen, sie wüssten, was gut für mich ist, und bestimmen wollen, was ich zu trinken habe, sage ich manchmal: „Ich bin trockener Alkoholiker.“ Danach lassen sie mich sofort in Ruhe – und haben sogar Mitleid. Das stimmt zwar nicht ganz – ich habe freiwillig aufgehört und könnte jederzeit wieder anfangen, wenn ich wollte. Aber manchmal habe ich einfach keine Lust, zum tausendsten Mal zu erklären, warum ich keinen Alkohol trinken möchte, vor allem gegenüber Fremden.
Es ist nicht so, dass jetzt alle aufhören müssen zu trinken.Aber wenn jemand sagt, dass er oder sie nicht trinken möchte, dann lass diese Person in Ruhe.Vielleicht möchte sie nicht darüber sprechen, weil die Gefühle, die damit verbunden sind, zu stark schmerzen. Vielleicht ist sie in einem Umfeld von Alkoholikern aufgewachsen und wird jedes Mal daran erinnert, wenn sie über Alkohol sprechen muss, und ihre Geschichte kann nie zur Ruhe kommen.
Jede Familie hat in den letzten Generationen mindestens einen Alkoholiker. Also denk nicht, dass dir das nie passieren könnte. Also: Wenn jemand keinen Alkohol trinkt, lass ihn einfach in Ruhe – ohne dass er oder sie sich ständig erklären muss!
Mein Leben ohne Alkohol ist einfach viel schöner. 😄✨
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